Donnerstag, 12. Januar 2012

Bürgermeistermord in Ixtapan!

Liebe Leserinnen und Leser,

ich hoffe, dass euch der letzte Eintrag etwas erleuchtet hat. Nach dem ich nach dem Blogeintrag über mexikanisches Essen schon einen Text zur Sicherheitssituation angekündigt habe, werde ich das heute zumindest teilweise verwirklichen. Ich werde hier über einen interessanten Zwischenfall aus dem Jahre 2008 berichten, der euch sicher sehr interessieren und eher aus einem Film als aus der Realität vorkommen wird. Viele Informationen, die ich aus Gesprächen entnehmen konnte, habe ich auch im Internet nachprüfen können, sodass es gar nicht so unrealistisch ist, was ich euch hier erzähle.

Die Person...
Salvador Christopher "Chavo" Vergara Cruz, Mitglied der Partei der Institutionellen Revolution (PRI, Partido Revolucionario Institucional), war in der letzten Legislaturperiode beliebter Bürgermeister (presidente) des Touristenortes Ixtapan de la Sal. Er war für seine Bürgernähe bekannt. Eine Bekannte erzählte mir, dass sie ihn einmal vor dem Schwimmbad traf und er ihr erzählte, wie er später einmal Bürgermeister werden und was er verwirklichen möchte. Als er dann Bürgermeister war, redete er angeblich unverändert mir ihr über diese Dinge, sagt sie zumindest. Bekannt war er auch für seinen ausschweifenden Lebensstil: Häufig war er auf Tanzveranstaltungen anzutreffen und genauso häufig auch deutlich angetrunken. Eine andere Bekannte erzählt, dass sie ihn einmal "weggeworfen" (tirado) am Straßenrand traf und ihren Ehemann aufforderte, den Bürgermeister so zu fotografieren. Er war auch guter Bekannter des Gouverneurs des hiesigen Bundesstaates Mexiko (Estado de México), der, nebenbei gesagt, für die Präsidentschaftswahlen 2012 antritt und daher seinen Gouverneursposten vorzeitig im vorletzten Jahr abgegeben hat und dem hohe Chancen zugerechnet werden. Trotz Chavos hoher politischen Position und Morddrohungen von angeblichen Drogenbossen fühlte er sich scheinbar sicher genug, ohne eine Sondereinheit von Bodyguards aus dem Haus zu gehen. Er war beliebt und heutzutage sprechen viele Bürger Ixtapans wie von einem Märtyrer, wenn sie über den letzten Bürgermeister reden. Im Jahr 2009 wollte er für den Nationalkongress als Kandidat antreten, er wurde als aussichtsreicher Kandidat gehandelt, auch aufgrund seiner Kontakte zu Ex-Gouverneur Enrique Peña Nieto. Er starb im jungen Alter von 34 Jahren am Samstagnachmittag Ortszeit, 4. Oktober 2008.

...und sein Tod
Verantwortlich für den Tod des Bürgermeisters soll das Golf-Kartell (Cártel del Golfo) sein. Dieses ist beheimatet im Bundesstaat Tamaulipas, gelegen im Nordosten Mexikos an der Grenze zu den Vereinigten Staaten. Andererseits sollen unter den 14 Verdächtigen, die für den Mord verantwortlich gemacht wurden, auch Mitglieder des Kartells La Familia aus dem Staat Michoacán gewesen sein. Das Beunruhigende an diesen Informationen ist, dass sich damit Hinweise verdichten, dass die Kartelle aus dem Norden in den Bundesstaat Mexiko eindringen und damit immer näher an die nationalen Behörden, denn der Staat grenzt direkt an den Bundesdistrikt, in Deutschland bekannt als Mexiko-Stadt. Andere Quellen berichten, dass Los Zetas für den Mord verantwortlich sind. Alles sehr schwierig nachzuweisen, einige Quellen berichten, dass die Zetas sich etwa in diesem Zeitraum auf größere kriminelle Aktionen vorbereiteten, außerdem, dass sie ein Arm des Golf-Kartells gewesen seien. Fest steht, dass die Zetas seit Anfang 2010 unabhängig agieren und als Gegner des Golf-Kartells gelten, für den Zeitraum davor lassen sich nur sehr schwer fundierte Aussagen treffen.

Gründe für Vergaras Tod sollen gewesen sein, dass er die bekannte Drogenschmuggel-Route, die von Acapulco über Ixtapan de la Sal bis in die Hauptstadt México D.F. führt, nicht unterstützte. Er soll den freien Handel von Drogen in und damit den Zugang zu Ixtapan de la Sal für den Drogenhandel (narcotráfico) in jeder Hinsicht verhindern haben wollen.

Ermordet wurde Chavo laut Berichterstattung durch 13 Schüsse (deutschsprachige Quellen sprechen von mindestens 15) von halbautomatischen Gewehren in seinem eigenen Auto (Beispiel-Foto) von vermummten Gestalten. Er war mit zwei weiteren Offiziellen unterwegs, sein Assistent wurde bei dem Attentat schwer verletzt. Der Mord soll nahe der Grenze zwischen den Bundesstaaten Mexiko und Guerrero im Stadtbereich von Coatepec Harinas, angrenzend an Pilcaya (Guerrero) geschehen sein. Der Ex-Chauffeur von Chavo, Jorge Millán, soll als Informant für die Attentäter fungiert haben. Laut mir vorliegender mündlicher Information und schriftlicher Berichterstattung soll er für 30.000 mexikanische Pesos (nach damaligem Kurs entsprechend 1.950 Euro) gekauft worden sein. Er hatte erst drei Wochen vor dem Attentat aufgrund "beruflicher Auseinandersetzungen" das Arbeitsverhältnis mit Ixtapans Bürgermeister beendet. Man geht davon aus, dass Millán seine Kontakte im Rathaus ausnutzte, um Information zu den Bewegungen von Chavo zu erhalten, wann dieser wo vorzufinden sei. Besonders dreist von Millán war allerdings sein Auftauchen auf der Beerdigung. Nicht nur das: Er soll zu den wenigen Personen gehört haben, die ein Blick in den Sarg von Vergara werfen durften. In diesem Moment soll er sich die Hände ins Gesicht geworfen haben, als gängiges Zeichen für "was habe ich nur angerichtet". Laut Quellen wurden am frühen Morgen des 5. Oktober in Coatepec und Ixtapan fünf Männer, alle unter 27 Jahre alt, sichergestellt, die erst vor wenigen Monaten von La Familia rekrutiert worden sein sollen. Eine Quelle berichtet, dass Juvenal Cruz Salcedo alias "El Viejo" ("Der Alte"), 39, und Germán Ramírez Salinas alias "El Niño" ("Das Kind"), 33, den Bürgermeister mit AK-47 (umgangssprachlich unter "Kalaschnikow" bekannt) umgebracht haben sollen.

In den spanischsprachigen Quellen findet man unter Umständen noch etwas ausführlichere Informationen, aber das sind die Rahmenbedingungen, die zu diesem Thema bekannt sind. Ich hoffe, dass es sich bei diesem Eintrag mal um einen anderen Inhalt handelt, der aber auch interessant ist.

Deutschsprachige Quellen:
Englischsprachige Quellen:
Spanischsprachige Quellen:

Ich beabsichtige, diesen Text veröffentlicht zu lassen. Da ich nicht weiß, ob es sich hier um sensible und kontroverse Informationen handelt, fürchte ich keine Konsequenzen. In jedem Falle halte ich euch auf dem Laufenden in Bezug zu diesem Thema.

1 Kommentar:

  1. Fand den Inhalt sehr interessant. Schade nur, dass dein Blog so selten geupdatet wird -.- es ist immer schön von deinen Abenteuern zu lesen! Kannst ja auch ab und an bei mir reingucken :)

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